Übergang: Zukunftsfriedhof Wald

14. November 2012 – 

“Wir haben dann eben dafür gesorgt, dass keiner mehr durch uns belastet wird.” sagt Diethard Heydenbluth zu seiner Frau Elisabeth, beide über 70. Sie haben sich einen Baum im RuheForst gesichert, an dem wollen sie einmal begraben werden. Bezahlt ist er schon und pflegen wird ihn die Natur selbst. Die Massen von meist Rentnern, die zu den Waldführungen in den RuheForst strömen, treiben ähnliche Sorgen um: Seit der Staat das Sterbegeld nicht mehr zahlt, sind aufwendige Sargbestattungen mit Marmor-Grabsteinen für viele zu teuer geworden. Und wofür, wenn die Kinder eh nicht kommen werden? Oft wohnen Familien gar nicht mehr am gleichen Ort und niemand fährt hunderte von Kilometern, um regelmäßig ein Grab zu pflegen.

Die Bestattungskultur befindet sich in einer kulturellen Umwälzung, wie es zuletzt wahrscheinlich bei der Christianisierung der Fall war, als die Kirche erst Kirchhöfe, später Friedhöfe am Stadtrand bestellte. Heute sind es Entrepreneure, die sich auf die neuen Bedürfnisse einer mobilen, nach vorn gerichteten Gesellschaft einstellen: Private Krematorien werben mit Transparenz und einer flexiblen Logistik um Kunden. “Bei uns bekommen Sie die Urne nach zwei Tagen zurück” – wird Besuchern einer Führung bei der Feuerbestattung Hildesheim versichert. Auch wenn es ein unangenehmes Thema ist, die Zeit scheint tatsächlich reif für Transparenz. Man will wissen, wo man hinkommt. Und der Wald hat für viele Deutsche offenbar etwas Tröstendes. “Letztendlich gehen wir alle zurück zur Natur, wenn wir sterben” sagt Sabine L., deren Mann letztes Jahr durch eine kurze, schwere Krankheit plötzlich aus dem Leben gerissen wurde. Mit der gemeinsamen Tochter Mara (11) besucht sie den Baum, an dem sie seine Asche beigesetzt haben. “Es hat noch nicht so geblüht, als hier die Bestattung war. Es ist schön zu sehen, dass hier dann tatsächlich der Frühling auch so zu sehen ist.”

Für Förster Ralf Schickhaus, dessen Berufsleben vom überwältigenden Erfolg des RuheForst-Deister, den er für einen privaten Waldbesitzer unter einer Franchise-Lizenz der überregionalen RuheForst GmbH betreibt, ganz schön umgekrempelt wurde, ist das auch persönlich der wichtigste Punkt an der Idee der Waldbestattung: “Dass, was von mir übrig bleibt, irgendwo mit verwendet wird, für was auch immer. Es fließt wieder alles in den großen Kreislauf unseres Lebens ein.” Aber dass er nach nur zwei Jahren schon die Flächen erweitern muss, das hätte er selbst nicht gedacht. Der Andrang einer neuen Generation von Alten, die niemanden mehr belasten wollen, scheint nicht abzubrechen.

Autor/in: Rita Bakacs, Redaktion: Barbara Denz, Regie: Rita Bakacs